Als die SPD ins Licht der Truderinger Geschichte trat, gab es im nahen München bereits seit über 50 Jahren eine organisierte Sozialdemokratie. Im Gründungsjahr der Münchner Sozialdemokratie war die Ortschaft Trudering noch eine selbstständige dörflich geprägte Landgemeinde mit ca. 390 Einwohnern.
Schon in den Jahrzehnten vor dem ersten weltkrieg nehmen Arbeiter, Angestellte, Handwerker und auch Beamte und Gewerbetreibende, welche in der nahen Landeshauptstadt (damals Königliche Haupt- und Residenzstadt München) ihrer Beschäftigung nachgingen, in Trudering ihren Wohnsitz. Dies hatte auch eine bevölkerungsstrukturelle Umgestaltung der ursprünglich rein bäuerlichen Gemeinde zu Folge. Mit dem Zuzug stadtorientierter nichtbäuerlicher Bevölkerungsschichten gelangten schon vor dem ersten Weltkrieg auch sozialdemokratische Ideen nach Trudering, wenngleich die Gründung einer Parteiorganisation noch nicht erfolgte. Die Vernichtung zahlreichen Archivmaterials durch die Nazis nach 1933 verhindert eine geschichtswissenschaftliche Auswertung des Wirkens der Truderinger Sozialdemokraten vor der Gründung einer offiziellen Parteigliederung 1918/19.
Die Truderinger Sozialdemokraten waren bis 1918 im Ortsverein Perlach erfasst. Mit der am Ende des ersten Weltkrieges folgenden „Novemberrevolution“ begann die eigentliche Geschichte der Truderinger Sozialdemokratie. Der Sieg der Revolution in Bayern brachte die Absetzung der über 700 Jahre regierenden Wittelsbacher-Dynastie und die Ausrufung der „Bayerischen Republik“ durch den Unabhängigen Sozialdemonkraten Kurt Eisner, welcher am Tag nach der Revolution eine USPD-SPD-Koalitionsregierung aufstellte.Auch in Trudering wirkten ab 1911 Unabhängige- und Mehrheitssozialdemokraten zunächst nebeneinander.Schon mitten im Revolutionsgeschehen des Spätjahres 1918 machte der Soldatenrat und Truderinger Sozialdemokrat Mathias Hufnagl von sich reden, als er blindlings erfolgte Pferderequirierung durch revolutionäre Soldaten wieder rückgängig machte und die Pferde ihren ursprünglichen Besitzern zurückgab.
Die Republik und die Kämpfe an ihrem Ende erlebte Trudering nur am Rande mit kurzen Einquatierungen durch Soldaten der „Roten Armee“. Aber auch die Erschießung mehrerer gefangener Rotarmisten fand in Trudering statt. Die Quasi-Militärdiktatur in Bayern nach der Niederlage der Republik dauerte bis in den Sommer 1919 hinein an, was die politische Arbeit (vor allem die der Linksparteien) sehr erschwerte.Wenngleich bereits am 9. Dezember 1918 eine öffentliche Ausklärungsversammlung der SPD in der Bahnhofswirtschaft Trudering stattfand, konnte eine eigene Truderinger SPD-Gliederung erst nach den zum Teil tragischen Ereignissen um die Räterepublik gegründet werden.1919 gründeten sowohl die Mehrheits- als auch die Unabhängigen Sozialdemokraten in Trudering eine eigene Sektion.Als Sektionsvorsitzender der SPD-Trudering wirkte der Genosse Emil Dirnberger, welchem der genannte Mathias Hufnagl im amt folgte. Das Gründungsmitglied Willy Stöber gehörte bis zu seinem Tod 81 Jahre der SPD Trudering-Riem an.
Als sich die USPD im Jahre 1920 spaltete (die Mehrheit schloss sich der der KPD an, die Minderheit bildete eine Splitterpartei unter dem alten Namen, die aber zwei Jahre später in der SPD aufging), bestand auch in Trudering eine USPD-Gliederung fort, die allerdings aus der Arbeitsgemeinschaft mit der Mehrheitssozialdemokratischen Sektion zunächst ausschied. Die Vereinigung der Rest USPD mit der „alten“ SPD erfolgte 1922 auch in Trudering.
Die Mitteilung an den Gemeinderat Trudering über die Vereinigung der beiden sozialdemokratischen Ortsvereine ist im Stadtarchiv München als Quelle erhalten und lautet:
An den Gemeinderat in Trudering Betreff: Einigung der sozialdemokratischen Sektionen in Trudering Gemäß Beschluss des Parteitages zu Nürnberg haben die Mehrheitssozialdemokratische Partei, Sektion Trudering und die Unabhängige Sozialdemokratische Partei, Sektion Trudering unterm 22. Oktober 1922 die Einigung vollzogen und führt die vereinigte Sektion nunmehr die Benennung: „Vereinigte Sozialdemokratische Partei, Sektion Trudering“.
i.A. Bösl, 1. Vorsitzender
Bühler, Schriftführer
Die jetzt vereinigten Truderinger Sozialdemokraten gehörten als Gliederung von „München Land“ parteiorganisatorisch zum Stadtgebiet München. Bis 1933 waren innerhalb der SPD München Stadt und München Land zusammengefasst. Zwischen 1920 und 1933 sind zahlreiche politische und kulturelle Aktivitäten der Truderinger Sozialdemokraten belegt. Besonders erwähnenswert ist hier die erste politische Maifeier 1920.Der Turn- und Sportverein München-Ost (Arbeitersportverein) unterhielt nahe Gronsdorf eine Freizeitanlage, wodurch es zur Kontaktaufnahme dieses Vereins zu den Truderinger Sozialdemokraten kam. Überhaupt war Trudering und das unmittelbar benachbarte Gronsdorf schon vor dem ersten Weltkrieg beliebte Ausflugsziele der in den tristen Mietskasernen um den 1872 entstandenen Ostbahnhof lebenden Haidhauser Arbeiterschaft. Besonderer Beliebtheit bei der Arbeiterschaft des Münchner Ostens erfreute sich die an der Trudering-Gronsdorfer Grenze gelegene Gaststätte Schneiderhof.
Die Mitgliederzahl der SPD-Sektion Trudering stieg nach der Gründung stetig an. Bei der Gründungsversammlung hatten sich 12 Mitglieder zusammengeschlossen. Bei den Gemeindewahlen von 1919 wurde bereits ein Sozialdemokrat in den aus 12 Mitgliedern bestehenden Gemeinderat gewählt. Fünf Jahre später 1924 stellte die SPD schon 4 von 13 Gemeinderäten in Trudering und weitere fünf Jahre später waren es bereits 5. Dazu stellte die SPD den zweiten Bürgermeister. Mitte der 20er Jahre bestand in Trudering auch eine starke Gliederung der SPD-Jugend, eine sozialistischer Jugendverband von immerhin 106 Mitgliedern. Max Bartenhaus war der Leiter dieses Jugendverbandes.
Mit dem 1. April 1932 endete die gemeindliche Selbstständigkeit Truderings durch die Eingemeindung nach München. Ein Jahr später kam auch für die Truderinger SPD das vorläufige Ende. Mit der Einrichtung der Hitler-Diktatur und dem Verbot der SPD vom 22. Juli 1933 zog die „braune Herrschaft“ auch in Trudering ein. Mit dem Einmarsch der US-Truppen m 1. Mai 1945 endete für Trudering die Diktatur und der Krieg, in dessen Endphase auch Trudering schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Ein halbes Jahr nach der Befreiung trat die SPD Trudering wieder auf die politische Bühne. Am 1. November 1945 versammelten sich 30 Genossen, die die „braunen“ Jahre überlebt hatten, in der Gaststätte „Michaeliburg“ und gründete die SPD-Sektion Trudering neu. Seitdem haben sich die Truderinger Sozialdemokraten zu einer dynamischen Kraft in unserem Stadtteil entwickelt und sind an seiner Mitentwicklung mit heute 9 Bezirksauschussmitgliedern im BA 15 beteiligt.
Sektionsvorsitzende von 1919 – 1933:
Emil Dirnberger, Mathias Hufnagl, Franz Weber, Heinrich Bösl, Franz Kirmeier, Josef Frey und Georg Meisl.
Ortsvereinsvorsitzende von 1945 bis heute:
Jakob Hörmann, Ernst Hochholzer, Richard Polanz, Karl Spreng, Josef Wirth, Alexander Rempter, Lydia Strößenreuther, Josef Wirth, Gerhard Carl, Otto Grasshold, Christine Heigl, Gerhard Scharf, Barbara Kinne, Ingo Mittermaier, Maren Salzmann-Brünjes, Markus Rinderspacher, Regina Salzmann, Dr. Mark Salzmann und seit Ende September 2019 Eva Blomberg.
Im Jahr 2019 feiert unser Ortsverein sein 100-jähriges Jubiläum und brachte eine Festschrift heraus.